TU-Graz löst Rätsel um aufrollendes Papier

Einseitig bedrucktes Papier beginnt mit einigen Tagen Verzögerung, sich aufzurollen. Forschende der TU Graz haben entdeckt, dass dies an Lösungsmitteln in der Tinte liegt, die mit der Zeit in Richtung der unbedruckten Seite des Papiers wandern.

TU Graz
Für ihre Versuche haben Ulrich Hirn (rechts) und Alexander Maaß Papier mit Modelltinte besprüht und anschließend eine Woche lang mit einem Laserscanner beobachtet, um die Krümmung zu messen.

Obwohl die Menschheit Papier seit mindestens 2000 Jahren nutzt, gibt es uns noch immer das eine oder andere Rätsel auf. So war bislang unbekannt, warum einseitig bedrucktes Papier nach einigen Stunden bis Tagen beginnt, sich aufzurollen, nachdem es im Inkjet-Verfahren bedruckt wurde und nach dem Drucken und Trocknen eigentlich glatt war. Ulrich Hirn und Alexander Maaß vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik der TU Graz haben nun den Grund gefunden: Verantwortlich sind in der Tinte enthaltene Lösungsmittel, die im Laufe der Zeit in Richtung der unbedruckten Seite durch das Papier wandern. Dadurch quellen die Zellulosefasern auf der unbedruckten Seite und das Papier rollt sich auf.

Aufrollen des Papiers mit Laserscanner gemessen
Für ihre Versuche haben die Forschenden gängiges Office-Papier im DIN-A4-Format einseitig mit einer Modelltinte besprüht, die aus Wasser und dem Lösungsmittel Glycerin besteht. Anschließend haben sie die Krümmung der Papierbögen eine Woche lang mit einem Laserscanner beobachtet. Während mit Wasser besprühtes Papier sich nach 24 Stunden nicht weiter einrollte, hielt der Prozess bei mit der Modelltinte besprühtem Papier eine Woche lang an. Der Grund: Das Glycerin, das im Gegensatz zu Wasser erst bei sehr hohen Temperaturen verdunstet, wanderte langsam aber stetig von der besprühten Seite des Papiers auf die andere Seite.

Papier in hauchdünne Lagen aufgetrennt
Diesen Prozess konnten die Forschenden nachweisen, indem sie zu verschiedenen Zeitpunkten einige der Papierproben in hauchdünne Lagen auftrennten und den jeweiligen Glyceringehalt bestimmten – in den oberen, besprühten Schichten ging das Glycerin kontinuierlich zurück, in den unteren nahm es zu. Da Glycerin, ähnlich wie Wasser, Zellulosefasern aufquellen lässt, veränderte sich im Versuchszeitraum das Volumen der verschiedenen Papierschichten: Die Lagen nahe der besprühten Seite schrumpften, die tieferen Lagen quollen auf. Die sichtbare Folge: Das Papier rollte sich, und zwar kontinuierlich eine Woche lang.

Glycerin durch andere Lösungsmittel ersetzen
»Zur Lösung des Problems könnte man Glycerin durch andere Lösungsmittel ersetzen. Das ist aber nicht so einfach, weil Glycerin der Inkjet-Druckfarbe wichtige Eigenschaften verleiht, die sie erst geeignet für den Inkjetdruck machen«, sagt Ulrich Hirn. Alternativ könnte man auch die Rückseite des Papiers bedrucken oder mit einem entsprechenden Anteil von Glycerin behandeln. Die Ergebnisse, die kürzlich in der Fachzeitschrift »Materials & Design« veröffentlicht wurden, gehen auf Arbeiten im »CD-Labor für Faserquellung und deren Effekt auf die Papiereigenschaften« zurück, an dem neben der TU Graz die Unternehmen Kelheim Fibres, Mondi Uncoated Fine & Kraft Paper, Canon Production Printing und SIG Combibloc Systems beteiligt waren. Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise »Advanced Materials Science« verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.

Publikation:
Long term curl of printing paper due to ink solvent migration.
In: Materials & Design, Januar 2024
Autoren: Alexander Maaß, Ulrich Hirn
DOI: https://doi.org/10.1016/j.matdes.2023.112593

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