Gewerkschaft übernimmt Verantwortung

Die Gewerkschaft zeigt sich offen, wenn es um die Weiterentwicklung des Kollektivvertrags geht. Allerdings versichern Michael Ritzinger, Vorsitzender des Wirtschaftsbereichs 08 und stellvertretender Vorsitzender der GPA-djp, und Christian Schuster, der zuständige Wirtschaftsbereichssekretär, im Gespräch mit der ­Graphischen Revue, dass dies nicht nur zulasten der ­Beschäftigten gehen könne. Langfristig ist auch für die GPA-djp die Schaffung eines Medienkollektivvertrags denkbar.

Graphische Revue: Herr Ritzinger, Sie führen seit einem Jahr innerhalb der GPA-djp den Wirtschaftsbereich 08. Welche Akzente möchten Sie setzen?
Michael Ritzinger: Unser Ziel ist es, für unsere Mitglieder die Servicequalität weiter zu verbessern. Im aktuellen Arbeitsprogramm steht aber die Organisation von Betrieben an erster Stelle. Hier haben wir viele Zielbetriebe definiert und sprechen konkret Mitarbeiter an, bei denen wir Chancen sehen, etwas zu bewegen. Das Projekt ist auch im Hinblick auf die 2016 anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen wichtig.

Glauben Sie, dass es 2016 nicht ohne Kampfmaßnahmen zu einem Kollektivvertrag kommen wird?
MR: Wenn wir uns die Branche ansehen, glaube ich nicht, dass sich die Situation wesentlich verbessern wird. Wenn die Arbeit­geber Veränderungen zu ihren Gunsten im Kollektivvertrag möchten, wollen wir dafür natürlich einen Ausgleich für die Beschäftigten. Ein zeitgemäßer Kollektivvertrag muss beiden Seiten gerecht werden und kann nicht nur einseitig zulasten der Arbeitnehmer gehen. In der Vergangenheit wurde der Kollektivvertrag bereits dreimal von den Arbeitgebern gekündigt. Ich hoffe, ich werde eines Besseren belehrt und wir finden sozialpartnerschaftlich einen gemeinsamen Weg, denn ein Arbeitskonflikt hilft keiner von beiden Seiten. Wenn wir aber wieder zu einem Arbeitskonflikt gezwungen werden, werden wir ihn führen.

Ist das sozialpartnerschaftliche Klima vergiftet?
MR: Nein, das kann man nicht sagen. Aus unserer Sicht ist das Klima intakt.

Die Branche hat in den letzten Jahren viele Arbeitsplätze verloren, auf der anderen Seite gibt es in einigen Regionen einen starken Facharbeitermangel. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Christian Schuster: Es werden zu wenige Facharbeiter von den Unternehmen ausgebildet. Weiters sind die Aussichten in der Branche nicht die besten, deshalb haben auch schon viele Kolleginnen und Kollegen in ­andere Branchen gewechselt. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund des technolo­gischen Fortschritts die Anforderungen in puncto Qualifikation enorm gestiegen sind.
MR: Die PPV-Industrie hat diese Probleme erkannt und eine Ausbildungsinitiative gestartet. Dabei wurde das Berufsbild des Verpackungstechnikers verbreitert, um entsprechenden Nachwuchs anzusprechen. Ich würde mir wünschen, dass auch der Verband Druck & Medientechnik mehr in die Nachwuchsförderung investierte.
CS: Die PPV-Industrie ist hier wirklich vorbildlich, unterhält einen eigenen Schulverein und ermöglicht verschiedenste Zusatzqualifikationen. Darüber hinaus forciert man das Thema Lehre mit Matura.

Was kann die Gewerkschaft dazu beitragen, um die Situation zu verbessern?
CS: Wir können hier unsere Mitglieder sensibilisieren, dass Bildung heute das Um und Auf ist und man ohne laufende Weiterbildung Gefahr läuft, den Arbeitsplatz zu verlieren oder erst gar keinen zu bekommen. Die Gewerkschaft bringt sich natürlich auch bei der Entwicklung der entsprechenden Berufsbilder ein, um diese zeitgemäß zu gestalten. Hier würde sich beispielsweise auch eine zeitgemäße Ausbildung für Buchbinder anbieten, um die Anforderungen der Branche besser abzudecken.

Von der Arbeitgeberseite werden immer die schlechten Rahmenbedingungen des österreichischen Druckstandorts angeführt. Was entgegnen Sie dem?
MR: In puncto Qualität ist Österreich ein exzellenter Standort. Uns ist aber bewusst, dass es in den Nachbarländern teilweise schlechtere arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen gibt. Wir haben aber in Österreich sozialpartnerschaftlich bessere Rahmenbedingungen geschaffen.
CS: Die Arbeitgeber führen immer gern alles auf das Lohn- und Gehaltsniveau zurück. Aber wir haben in Österreich nach wie vor deutliche Überkapazitäten, und teilweise wurde die derzeitige Situation von den Arbeitgebern selbst verschuldet, da manche ihre Produkte unter den Selbstkosten verkaufen. Diese Unternehmen gefährden mit ihrem Preisdumping aus unserer Sicht die Branche. Daraus erklärt sich auch, dass immer wieder Unternehmen trotz voller Auftragsbücher in den Konkurs schlittern.
Der Verband Druck & Medientechnik hat in uns einen verlässlichen Sozialpartner gefunden. Wir haben bei den letzten Aus­einandersetzungen auch großes Verständnis für die Arbeitgeberseite gezeigt und zum Beispiel im Bogenbereich einer Arbeitszeitverlängerung zugestimmt – das ist für eine Gewerkschaft eher untypisch. Gleichzeitig haben wir gemeinsam ein sehr moderates Lohn- und Gehaltsabkommen gestaltet, das bis 2016 gilt und für die Arbeitgeber Planungssicherheit bringt.

Das ausführliche Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Graphischen Revue

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