Gegenbewegung hin zu Print

Im Café Weimar fand am Freitag der Auftakt der Kaffeehaus-Initiative vom VÖZ und der Fachgruppe der Wiener Kaffeehäuser statt. Bei der Diskussion „Online versus Print – Hat der Zeitungshalter ausgedient?“ waren die Anhänger des Zeitungshalters in der Mehrheit. „Ich sehe eine Gegenbewegung hin zu Print, die aus den Schwächen der Digitalisierung gespeist wird“, so Kommunikationswissenschafter Jürgen Grimm.

Grimm, der an der Universität Wien lehrt, beobachtet einen Wandel in der Bewertung von Informationen: „Das Gedruckte erfährt eine Aufwertung durch die Internet-Revolution.“ Nicht zuletzt seit der Ukraine-Krise erkennt Grimm „ein Misstrauen gegenüber digitalen Medien“. Die Vorgänge rund um die Ukraine aber auch rund um den „Islamischen Staat“ hätten gezeigt, dass die Möglichkeiten der Desinformation mit den digitalen Medien gewachsen sind. Viele Nutzer würden daher den Berichten der gedruckten Zeitung mehr Vertrauen schenken als TV-Sendungen oder Informationen im Internet. „Beim Tohuwabohu der Informationsströme besteht ein Bedürfnis nach Nachhaltigkeit.“ Dieses Bedürfnis könnten gedruckte Zeitungen besser erfüllen als andere Mediengattungen.
 
Tablet ist kein Heilsbringer der Medienbranche
Martina Salomon, stellvertretende „Kurier“-Chefredakteurin, outete sich als „bekennende Vertreterin der Totholz-Presse“ am Podium. „Das Tablet ist nicht der Heilsbringer, den wir alle in der Branche erwartet haben.“ Online-Plattformen der heimischen Tageszeitungen würden allesamt von den Print-Ausgaben leben. „Ohne Print gibt’s die alle nicht.“ In Zukunft werden Redaktionen noch intensiver überlegen müssen, was Medien online stellen und was sie über Print verkaufen. „Das werden unterschiedliche Inhalte sein müssen, sonst kannibalisiert das Eine das Andere.“ Am heimischen Medienmarkt würde derzeit nur ein einziger Blogger mit seinen Inhalten Geld verdienen und das sei Andreas Unterberger, der aus dem Print-Bereich kommt. Bezahlschranken für die Online-Plattformen heimischer Tageszeitungen sieht Salomon skeptisch: „So lange der ORF für seine Plattform kein Geld verlangt, können das die anderen auch nicht.“
 
Kein „Plädoyer für gedruckte Zeitung“
Ein „Plädoyer für die gedruckte Zeitung“ wollte hingegen „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak „nicht halten“. Denn „ganz so toll“ sei die Print-Zeitung auch wieder nicht, schließlich sei es „keine triviale Lösung“, sie rechtzeitig täglich fertig zu stellen, zu drucken und quer durch das ganze Land zum Leser zu bringen. „Natürlich ist es einfacher, den Journalismus digital zu verbreiten. Aber da haben wir ein Problem mit dem Geschäftsmodell.“ Deswegen seien laut Nowak – wohl mit Blick auf den ebenfalls anwesenden Nzz.at-Chefredakteur Michael Fleischhacker – „alle Versuche zu begrüßen, dass man für Journalismus im Netz wieder zahlen muss“.
 
Gedrucktes Wort bleibt länger im Gedächtnis
 „Mein Leben ist im Rückblick ein einziger Versuch, die Wirte reich zu machen und auch die Kaffeesieder“, resümierte der Autor und Journalist Helmut A. Gansterer, der keinen Zweifel daran erkennen ließ, dass er sowohl ein Anhänger des gedruckten Wortes als auch der Wiener Kaffeehäuser sei, und nannte als einen der Vorteile der Zeitung: „Ich nehme das gedruckte Wort ernster, ich kann es mir leichter länger merken.“
 
Die Bedeutung der gedruckten Zeitung für die Kaffeehaus-Kultur konnte auch Kaffeesieder Maximilian Platzer bestätigen: „Wir müssen unsere Zeitungen abstempeln im Café Weimar, sonst haben wir um 12:00 Uhr mittags keine Exemplare mehr. So gerne wird gelesen.“
 

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