Über ein Jahr lang ist die MAK Galerie Schauplatz für historische Objekte, zeitgenössisches Design und künstlerische Positionen, die Anstöße zur Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen unserer Zeit liefern: „Welchen Wert hat unsere Kleidung?“ oder „Wer kann sich Konsumverweigerung überhaupt leisten?“ Unser Modekonsum kann dabei paradigmatisch für den Massenkonsum der kapitalistisch ausgerichteten Gesellschaft des Globalen Nordens gelesen werden.
CRITICAL CONSUMPTION motiviert auf vielseitige Art und Weise, sich mit dem eigenen Konsumverhalten auseinanderzusetzen. Die Ausstellung eignet sich speziell auch für die Vermittlung an Schulklassen. Fragen und Gedankenspiele zum eigenen Kaufverhalten regen in interaktiven Stationen zum Nachdenken an. Videoarbeiten und andere Werke internationaler Künstler*innen – darunter Celia Pym, Dead White Men’s Clothes, Stefanie Moshammer, Sylvie Fleury, Tenant of Culture, The Nest Collective und Wang Bing – beziehen sich auf die komplexen Verflechtungen von Konsum und Produktion sowie deren globale Auswirkungen. Historische Sammlungsobjekte veranschaulichen, wie sich unser Modekonsum über rund drei Jahrhunderte entwickelt hat.
Wie Kleidung bewertet wird, hat sich über die Jahrhunderte stark gewandelt und damit auch ihr Gebrauch sowie ihre Wiederverwendung und Weiterverwertung. Antithesen zum schier unstillbaren Wunsch nach Neuem sind ebenso Thema der Ausstellung wie konsumkritische Positionen, die sich parallel zu unserer Wegwerfgesellschaft entwickelt haben.
Die Ausstellung zeichnet die Geschichte des massenhaften Modekonsums im Globalen Norden ab dem 18. Jahrhundert nach. Mit der Aufklärung und dem Verlust der Religion als gesellschaftlich wichtigstem Maßstab konnte auf öffentliche Wirksamkeit zielender Konsum einen zunehmend positiven Imagezuwachs verzeichnen. Davor wurde Luxus eher negativ konnotiert und mit Verschwendung sowie den Todsünden in Verbindung gebracht. Spätestens seit Jean-Baptiste Colberts merkantilistischer Ausrichtung des französischen Staates unter Ludwig XIV. wurde der Konsum von Luxusgütern staatsökonomisch positiv bewertet. Das Individuum durfte nun seinen modischen Ausdruck finden, um durch den Konsum die nationale Wirtschaft zu stärken.
Mit diesem Zeitpunkt wird auch die Entstehung des heutigen Modesystems, das sich durch einen permanenten Wandel auszeichnet, in Zusammenhang gebracht. Technologische Erfindungen, globale Expansion, sich verändernde Produktionsbedingungen und Massenmedien begannen, die permanente Beschleunigung zu fördern. Sie hat sich zur (Ultra) Fast Fashion zugespitzt, die erst durch die Geschwindigkeit von digitalen Prozessen in dieser Form möglich ist. Trendnachfragen können heutzutage binnen kürzester Zeit gestillt werden.
In Zeiten politischer Überlegungen zu überregionalen Regulativen (u. a. Retoursendungen, Lieferkettengesetz), in unserer global vernetzten, scheinbar untrennbar mit Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen verbundenen Gesellschaft verdeutlicht Critical Consumption CONSUMPTION individuelle Möglichkeiten für einen verantwortungsvollen Konsum. Die Ausstellung macht auf geschichtliche Querverbindungen aufmerksam, aus denen wir lernen können, und plädiert dafür, verantwortungsvolles Konsumieren als „Konsumrevolution“ und nicht als vergänglichen Trend zu denken.
Das Ausstellungsprojekt ist Teil des 10×17 Sustainable Development Goal-Engagements des MAK, das darauf abzielt, bewussten Konsum zu fördern. Am Eröffnungsabend den 29. August lädt das MAK zum Panel Talk How can we consume fashion responsibly? mit Alec Leach (Autor The world is on fire but we’re still buying shoes), Madeleine Alizadeh (Gründerin dariadéh, Content Creator) und Sabinna Rachimova (Gründerin, Dozentin, Beraterin, SABINNA, Fashion Revolution Austria), moderiert von Ausstellungskuratorin Lara Steinhäußer ab 18:00 Uhr.