Onlinedruckmarkt: Der Kundenversteher

Stefan Just kann auf 25 Jahre Erfahrung in unterschiedlichen Positionen in der grafischen Branche zurückblicken – unter anderem war er Marketingleiter beim österreichischen Onlinedruck-Platzhirsch druck.at. Im letzten Jahr hat er als Country-Manger für Österreich bei Unitedprint/print24 angeheuert. Wir haben mit ihm über Entwicklungen und Trends im Onlinedruck gesprochen.

Online-Druckmarkt

Graphische Revue: Herr Just, wie hat sich der Online-Druckmarkt in der DACH-Region 2017 entwickelt?
Stefan Just: 2017 ist es in der gesamten DACH-Region zu keinem signifikanten Online-Wachstum gekommen. Die Steigerungen bewegen sich zwischen 3 und 5 Prozent. In Deutschland kam es eher zu Marktanteilverschiebungen. Für Österreich und die Schweiz sehe ich ein größeres Wachstumspotenzial für den Onlinedruck.
Einige Onlinedrucker machen immer wahnwitzigere Angebote und geben 25 Prozent Rabatt auf das gesamte Produktportfolio. Diese Rabatte bedeuten, dass sich die Preise weiter nach unten bewegen und dadurch langfristig nicht das Fortbestehen des Unternehmens gesichert wird.
Wir bewerten unser Angebot ganzheitlich als eine Mischung aus fünf Erfolgsfaktoren: Preis, Portfolio, Qualität, Liefergeschwindigkeit und Service. Zur reinen Rabattschlacht mancher Wettbewerber könnte man dann auch sagen: „Wer Rabatte gibt, war vorher schon zu teuer.“

Welche Marktanteile kann der Onlinedruck mittlerweile auf sich verbuchen und welche Rolle spielt hier Unitedprint?
Die Druckindustrie in Europa ist ein 100-Mrd.-Euro-Markt. Da gehört aber wirklich alles dazu: von Zeitungen bis zu Tischsets. Onlinedrucker bedienen davon nur ca. 7,5 % (laut Umsatzprognose von zipcon für das Jahr 2017 in der DACH-Region).
Das zeigt, dass die Onlinedrucker bei Weitem nicht übermächtig sind, sondern nur einen bestimmten Teil des Markts abgrasen. Den Onlinedruck gibt es zwar schon seit 2000, nichtsdestotrotz stehen wir Onlinedrucker erst am Anfang! Aus der eigenen Marktforschung heraus fokussieren wir uns aktuell auf die Produkttiefe sowie -breite und verbessern kontinuierlich unsere Serviceleistungen, um die Kundenbedürfnisse zu befriedigen und Kundenbindung zu erzeugen.

Sie sind jetzt für Unitedprint als Country Manager in Österreich tätig. Was gehört zu Ihren Aufgaben?
Die Geschäftsführung hat erkannt, dass es nicht mehr reicht eine Webseite online zu stellen und zu hoffen, dass die Umsätze von selbst kommen. Mit Onlinemarketing alleine kann man kein signifikantes Wachstum erreichen.
Ich bringe 25 Jahre Erfahrung mit und kenne die Bedürfnisse von Wiederverkäufern, Großkunden und Privatkunden sehr gut. Hier geht es nicht immer um den Preis, sondern um die Beständigkeit und sehr guten Kundenservice. Zu meinen Aufgaben zählen die Marktbeobachtung und die daraus resultierenden Marketingaktivitäten, die Betreuung von Key-Account-Kunden und Wiederverkäufern sowie die Akquisition von Neukunden. Unitedprint/print24 hat nun bereits in neun Ländern Country Manager eingesetzt, die die Sprache beherrschen und auch die Mentalität der Kunden kennen. 

Wie ticken die Kunden heute im Onlinedruck und unterscheiden sich die Erwartungen der österreichischen Kunden?
Der Onlinedruck wird nach wie vor von den Themen Preis und Lieferzeit bestimmt. Die österreichischen Kunden wollen zwar auch günstig einkaufen, aber deren Bestellimpuls ist dahingehend nicht so dominant. Es wird viel Wert auf eine konstante Qualität gelegt. Die meisten Onlinedrucker sind PSO-zertifiziert, was für fast alle Aufträge mehr als ausreichend ist. Ein weiterer Punkt ist die Lieferzeit. Der Kunde muss nicht immer jeden Auftrag am nächsten Tag erhalten. Es reicht auch oft, wenn der Auftrag in drei oder vier Tagen ankommt. Aber dann muss der Termin halten. 

Welche Trends erkennen sie auf dem Onlinemarkt?
Das Service rund um das Produkt ist das Wichtigste. Hierbei geht es um die Weiterentwicklung des Supports: exakte Informationen bereitstellen, Hilfestellungen bieten sowie Reklamationen kulant behandeln. Die Onlinebestellung von Drucksorten ist für viele Kunden, die nicht im grafischen Gewerbe zu Hause sind, eine große Hürde. Unitedprint/print24 hat diesen Umstand erkannt und erhöht laufend das Know-how der Support-Mitarbeiter über die gesamte Prozesskette hinweg. Sie leisten prompt und kompetent Hilfestellung.
Einer der wichtigsten Punkte ist für Kunden die Behandlung von Reklamationen. Wenn einmal etwas schiefgeht, muss dem Kunden möglichst schnell geholfen werden. Das macht Unitedprint/print24 kulant und professionell. 

Das Thema Produkterweiterung spielt bei allen Onlinedruckern eine große Rolle. Die einen gehen in Richtung Werbemittel, die anderen in die Verpackung. Welche Strategie verfolgt Unitedprint/print24? Wir gehen in alle Richtungen. Unser Innovation-Department entwickelt ständig neue Produkte in den unterschiedlichsten Segmenten. Wenn ein neues Produkt gelauncht wird, dauert das bei uns manchmal Monate. Die Produkte durchlaufen Tests, um die Qualitätsstandards sicherzustellen. Erst wenn es alle Anforderungen erfüllt, geht das Produkt online.

Viele traditionelle Druckereien sehen in den Onlinedruckern eine übermächtige Konkurrenz. Wie sehen Sie das Nebeneinander von traditionellen Druckereien und Onlinedruckern?
Die Meinung, dass die Onlinedrucker die Bösen sind, hat sich entspannt. Die traditionellen Druckereien sehen die Onlinedrucker nicht mehr als übermächtige Bedrohung an. Viele haben erkannt, dass sie sich in ihren lokalen Bereichen spezialisieren müssen und nicht gleiche Produkte wie die Onlinedrucker anbieten und sich dann mit deren Preisen „matchen“ müssen. Das tun auch viele sehr erfolgreich und machen Gewinne.
In ihrem Segment können sie Produkte anbieten und ihre lokalen Kunden bedienen, an die die Onlinedrucker ohnehin nie herankommen. Diejenigen, die sich nicht neu orientieren, werden untergehen. Märkte haben sich immer verändert, egal in welcher Branche. Es gibt Produktlebens- und Kundenlebenszyklen. Anpassung an die jeweilige Marksituation, innovativ zu sein und nicht nur mit seinem Schicksal zu hadern, ist der einzige Weg zur Absicherung des Unternehmens.

Welche Kooperationsmöglichkeit bietet Unitedprint/print24 an?
Auf die Kooperation mit lokalen Druckereien und Wiederverkäufern legen wir großes Augenmerk. Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Partnern, die einerseits Produkte produzieren, die wir nicht herstellen, und andererseits auch unser Portfoilio abdecken, um die Lieferzeiten zu verkürzen. Wenn die Qualität der potenziellen Partner passt und diese die Termine einhalten, steht einer Kooperation nichts im Wege.
Ein weiterer Trend zur Kooperation sind White-Label-Shops. Unitedprint hat diesen Trend erkannt und dementsprechend reagiert. Unitedprint/print24 hat vor etwa einem Jahr das Projekt Unitedprint Shop Services, kurz USS, ins Leben gerufen. Interessenten wie Reseller bekommen bei uns einen eigenen Web-to-Print-Shop, der mit ihrer Marke, Logo und Kontaktdaten erstellt wird. Der USS-Partner kann auf einen Schlag alle unsere Produkte anbieten. Die Bestellungen werden zu uns weitergeleitet und im Namen des Partners versendet. Der USS-Partner kann selbst bestimmen, um welchen Preis er unsere Produkte verkauft. Für den Endkunden ist es nicht ersichtlich, dass wir dahinterstehen.
Die Erstellung dieses Partnershops erfolgt durch Unitedprint ganz ohne Einrichtekosten, Gebühren, Mindestlaufzeit oder -umsatz. In Europa nutzen bereits 500 Partner dieses Konzept und in Österreich sind es an die 40.

Was hat Unitedprint/print24 sich für die nächsten Jahre auf dem österreichischen Markt vorgenommen?
Unser großes Ziel in diesem Jahr ist es, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Ich merke immer wieder, dass uns viele Kunden gar nicht kennen oder über viele unserer Serviceleistungen nicht Bescheid wissen. Zum Beispiel, dass wir unsere Lieferzeit im Sommer 2017 drastisch verkürzt haben.
In Österreich können viele Produkte bereits im Standardversand innerhalb von 3 oder 4 Werktagen geliefert werden. Durch die Modernisierung unseres Maschinenparks können wir viele Produkte günstiger anbieten. Die Kunden sollen sich selbst von unseren Produkten und Serviceleistungen überzeugen und ihre Meinung bilden. Das Einzige, das für mich zählt, ist der Kundennutzen. Alles andere ergibt sich von selbst.

Herr Just: Danke für das Gespräch!

Unsere Einschätzung
Der deutsche Onlinedruckmarkt ist hart umkämpft und deshalb ist es logisch, dass die Anbieter in andere europäische Märkte vorstoßen. Eine ausgeklügelte Logistik und lokale Partner machen dies möglich. Mit einem Umsatz von 38 Millionen ist druck.at nach wie vor der absolute Platzhirsch. Die deutschen Onlinedrucker erzielen über offene Webshops laut Stefan Just etwa 20 Millionen Umsatz. Zipcon setzt den Wert mit 38 Mio. Euro deutlich höher an.
2016 hat die Branche in Österreich einen Umsatz von 1,66 Mrd. Euro erzielt. In dieser Zahl sind Segmente wie Verpackungen, Werbemittel und Werbetechnik nicht enthalten. Die Onlinedrucker spannen einen größeren Bogen. Unitedprint/print24 schätzt den für das Unternehmen relevanten Markt in Europa auf 100 Mrd. Euro. Damit wird jedoch auch versucht den eigenen Umsatzanteil kleinzurechnen. Wenn man sich nur den Akzidenzbereich ansieht, dürfte er weit größer ausfallen.

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