Aufträge um jeden Preis?

Bei der Auftragsbeschaffung und -vergabe wird mit harten Bandagen gekämpft. Das ist schon seit Jahren so. Denn es geht für viele Druckereien um jeden Auftrag. Aber muss es auch um jeden Preis sein? Inzwischen mehren sich die Stimmen, die vor einer Eskalation warnen und das Einkaufsverhalten von Agenturen und deren Kunden kritisieren.

Der deutsche Fachverband Medienproduktioner (f:mp.) nimmt dies zum Anlass, sich kritisch mit dem Einkaufsverhalten in der Branche auseinanderzusetzen und sich für eine überlegte Beschaffungspolitik einzusetzen. Denn die aktuelle Situation schadet allen am Druckprozess Beteiligten. Zudem ist bei etlichen Auftraggebern das Wissen um die Wirkung von Print offenbar ebenso verloren gegangen wie das Wissen um deren technische Herstellung. Dies ist eine Entwicklung, die Schnäppchenjägern Vorschub leiste, die mit ihrem Verhalten den Wert von Kommunikation immer weiter herabstuften.

Werte über Bord werfen?
Deutlich werde dies am Einkaufsverhalten einiger (vor allem) internationaler Einkaufs- und Produktionsagenturen – teilweise auf Forderung der Kunden. Das habe in den letzten Jahren wahrnehmbare negative Folgen nach sich gezogen. Erschreckend sei dabei, dass solche für die Medienindustrie ruinösen Vorgehensweisen oft ohne Not von Unternehmen forciert würden, die aus hoch profitablen Branchen kommen. »Die nötige Wertschätzung für zu erbringende Leistungen der Medienindustrie ist hier nicht mehr vorhanden. So haben sich jetzt auch bei Einkäufern in Werbeagenturen, Produktionsagenturen und bei Drucksacheneinkäufern auf Kundenseite Sitten etabliert, die zum Nachdenken anregen sollten.«

Die täglichen Ärgernisse
• Internationale Einkaufsagenturen nutzen elektronische Kommunikationsmittel, um für Kampagnen bis zu 100 Druckdienstleister und mehr gleichzeitig anzufragen.
• Die Komplexität der Ausschreibungen und der angefragten Produkte ist oft grenzenlos und bindet hohe Ressourcen in den Kalkulationsabteilungen.
• Ausschreibungen werden immer öfter über Internet-Auktionen ›verhandelt‹.
• Nach umfangreichen Ausschreibungen werden die Preise der günstigsten Anbieter im Nachgang mit webbasierten Niedrigstpreis-Bieter-Systemen noch weiter nach unten getrieben.
• Die Preise von Online-Druckereien werden gezielt dazu eingesetzt, mittelständische Druckereien mit Billigpreisen zu konfrontieren und dadurch den Preisdruck auf sie zu erhöhen.
• Anfragen werden oft ohne das nötige Fachwissen gestellt. So erhalten Druckereien Anfragen, die gar nicht für den vorhandenen Maschinenpark geeignet sind und auch nicht effizient produziert werden können.
• Anfragen sind häufig sachlich und fachlich nicht eindeutig, unvollständig oder eher unscharf formuliert, sodass eine Kalkulation nahezu unmöglich ist. Vom Dienstleister wird aber ein Preis auf den Punkt verlangt.
• Gleichzeitig werden mögliche Zusatzaufwände aufgrund von Änderungen, Ergänzungen und Erweiterungen im Auftragsfall von vornherein ausgeschlossen. Zusatzkosten durch Änderungen und Abweichungen im laufenden Prozess hat oft der Dienstleister zu tragen.
• Anfragen suggerieren druckbare Daten. Treffen diese dann ein, sind sie oft nicht zu gebrauchen und müssen nachgearbeitet werden. Diskussionen über die dafür entstehenden Kosten sind an der Tagesordnung.
• Daten kommen (zum Teil erheblich) später als angekündigt, der Endtermin ist jedoch bindend

Natürlich werden auch die Preise für Drucksachen durch den marktwirtschaftlichen Wettbewerb geregelt. Aber auch dieser unterliegt Werten und Grundregeln bezüglich Fairness, die eingehalten werden sollten. Leider sei die Entwicklung jedoch an einem Punkt angekommen, an dem nicht nur ein enormer volkswirtschaftlicher Schaden verursacht werde, sondern sich auch die Umgangsformen in der Branche verschärft hätten. „Die Einkaufsmacht setzt die Branche so unter Druck, dass in Kombination mit mangelnder Fachkompetenz der Printbuyer und einem oft unfairen Geschäftsgebaren das Fortbestehen der Branche ernsthaft gefährdet wird. Das spiegelt sich nicht nur in den Preisverhandlungen, sondern auch in den teilweise utopischen Zahlungszielen wider.“

Leistung wertschätzen
Dass die Branche an der aktuellen Entwicklung nicht unbeteiligt ist, räumt auch der f:mp. ein. Dennoch habe sich die Situation so zugespitzt, dass der Fachverband die Grundwerte kooperativer Geschäftsverhältnisse wieder in den Mittelpunkt gestellt werden. Deshalb formuliert er in seiner Stellungnahme noch einmal Sinn und Zweck der verschiedenen Aufgaben:

• Printbuying stellt die Herausforderung an den Auftraggeber, ein optimales Produkt zu einem angemessenen Preis zu organisieren. Infolgedessen sollten alle Prozessbeteiligten ihre beste Leistung zu einem Preis anbieten, der dieser Leistung auch entspricht.
• Printbuyer, die Druckaufträge wissentlich unterhalb der Gestehungskosten platzieren, unterhöhlen den gesamten Markt. Das hat ernste wirtschaftliche Folgen, die in immer weiteren Preiserosionen resultieren.

Kooperatives Miteinander
Qualitätsverluste können nicht im Sinne eines Auftraggebers sein, der von Printprodukten einen bestimmten Erfolg erwartet. Medienproduktioner und Printbuyer sollten sich als Einkäufer der Verantwortung gegenüber ihren Lieferanten bewusst sein und faire, berechenbare und transparente Verhandlungen ›auf Augenhöhe‹ unter Partnern führen. Ausschreibepraktiken dürfen nicht nur zum Ziel haben, allein den allergünstigsten Einkaufspreis zu erzielen, sondern müssen auch ökologische, sozialpolitische und qualitative Gesichtspunkte berücksichtigen.

Printbuyer sowie Werbungtreibende sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Einkauf von standardisierten, industriellen Druckprodukten über den Preis nur eine Seite der Medaille ist. Langfristiges Ziel muss es sein, dass die Auftraggeber in Zusammenarbeit mit Medienproduktionern und Druckereien ihre Printprodukte so weiterentwickeln, intelligenter gestalten und positionieren, dass diese im Rahmen der Medienkonvergenz ihre unbestrittenen Vorteile ausspielen können. Das ist sicherlich nicht über den Preis zu realisieren, sondern kann nur das Ergebnis eines partnerschaftlichen Miteinanders sein.

Gemeinsame Sache
Zugleich richtet der f:mp. die dringende Aufforderung an Druckdienstleister, zu reellen Preisen anzubieten. Dazu gehöre auch, dass die Maschinen nicht im wörtlichen Sinn ›um jeden Preis‹ ausgelastet würden. Dazu gehöre aber auch der Mut, nicht jede scheinbar lukrative Anfrage zu einem Dumpingpreis anzubieten. „Die Erfahrung sollte gelehrt haben, dass auf Anfragen meist weitere Verhandlungsprozesse folgen, die dann eine zusätzliche Preisreduzierung zum Ziel haben“, warnt der Fachverband.

Stattdessen könnten aber Produktioner und Druckereien ihre Kunden darüber informieren, wie oft sie schon Aufträge gerettet haben, weil Anfragen oder Aufträge von Agenturen nicht richtig aufbereitet waren. Damit würde deutlich, dass derjenige, der nur den Preis drückt, noch längst keine Ahnung vom Entstehen einer Drucksache hat.

Um so schlimmer ist es dann, wenn Druckereien, nur um an einen Druckauftrag zu kommen, umfangreiche Gestaltungs- und Vorstufenarbeiten anbieten, die im Druckpreis mit enthalten sind und nur knapp über dem Papierpreis liegen. Damit schaden sich die Druckereien nicht nur selbst, sondern auch ihren seriösen Kunden aus der Werbe- und Agenturszene.

Auch einmal »Nein« sagen
Ja, es kann durchaus schwer fallen, auch einmal »Nein« zu sagen. Und es gibt sicherlich genügend Gründe, warum man nicht ablehnen möchte. Doch wer seine Kosten kennt, weiß auch, wo die Schmerzgrenze ist. Zudem sind ›billige Kunden‹ oft auch die, die am meisten Arbeit machen. Arbeit, die nicht gebührend be- und entlohnt wird. Das aber kann nicht der Sinn der Sache sein.

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