„Wir sind dabei, unsere Welt in einen riesigen Computer zu verwandeln.“ Anschaulich erklärt Yvonne Hofstetter in ihrer Keynote, was Digitalisierung bedeutet. Digitalisierung heißt Überwachung. Daten von allem und jedem werden gesammelt, vernetzt, von lernenden Maschinen ausgewertet und daraus dann Prognosen erstellt: darüber, was uns interessiert oder wir wollen, was wir tun sollen oder nicht tun dürfen.
Entgrenzt
Das Problem dabei ist, dass wir die virtuellen Eingriffe in unser Leben oft gar nicht bemerken und künstliche Intelligenz beim Profiling generalisiert, d.h. ohne Kontext beurteilt und kategorisiert. Wohin das führen kann, wird am Beispiel „Predictive Policing“, also vorhersagender Polizeiarbeit, in Chicago deutlich. Dort kamen Bürger aufgrund von algorithmischen Bewertungen ihrer Daten und ihres Onlineverhaltens auf die „Liste der 400 schlimmsten Straftäter“ der Stadt, obwohl gegen sie nichts vorlag. „Das ist Vorverurteilung durch Algorithmen und ‚clasht’ gewaltig mit unserem europäischen Rechtsverständnis und Rechtssystem“, sagt Hofstetter.
Ethics by design
Die Technologien der Digitalisierung, deren Treiber amerikanische Konzerne wie Facebook, Google und Amazon sind, stehen im Konflikt mit unseren verfassungsmäßig garantierten, europäischen Grundrechten. Sie verstoßen u.a. gegen das Gleichheitsgebot, die Meinungsfreiheit und die Privatsphäre. „Seit wir vor 20 Jahren in Europa alle digitalen Kerntechnologien aufgegeben haben, kommt alles aus dem Silicon Valley. Und mit den Produkten, die wir von dort kaufen, kaufen wir ein völlig anderes Rechtsverständnis und die ‚Werte’ ihrer Hersteller – Disruption, Monopol und Überwachung – mit ein“, so Hofstetter. Sie ist überzeugt, dass wir uns in Europa der Digitalisierung annehmen müssen, und plädiert für eigene digitale Strukturen und Produkte, in die wir unser europäisches Werteverständnis einbauen müssen.