Graphische Revue: Für Außenstehende war es in den letzten Jahren nicht immer ganz klar, wohin Xerox steuert. Können Sie unseren Leser*innen die aktuelle strategische Ausrichtung erläutern?
Siham Rakia: Xerox ist gerade dabei, sich neu zu erfinden und befindet sich in einer umfassenden Transformation. Ich würde sagen, wir sind gerade auf halben Weg in der Umsetzung der neue Strategie. Print wird auch in Zukunft ein Thema für Xerox bleiben. Gleichzeitig bauen wir aber unser digitales Geschäft weiter aus. Das gilt sowohl global als auch regional für die beiden Märkte, für die ich verantwortlich bin. Zusätzlich vergrößern wir unser Partnernetzwerk. Das bedeutet nicht, dass wir uns aus dem direkten Vertrieb komplett zurückziehen werden, aber der Fokus liegt auf unseren bestehenden und zukünftigen Partnern. Durch gezielte Übernahmen erweitern wir unser Angebot. Ein Beispiel dafür ist etwa der Kauf des IT-Dienstleisters ITsavvy aus den USA, dessen Portfolio wir jetzt weltweit ausrollen werden.
Wie würden Sie die aktuelle wirtschaftliche Position von Xerox umschreiben, wo liegen die Herausforderungen?
Wenn ich ehrlich bin, schwierig. Aber das ist keine große Überraschung, denn wir machen gerade als gesamter Konzern eine massive Transformation durch. Gerade für ein Unternehmen mit einer so langen Geschichte wie Xerox ist das eine enorme Herausforderungen. Wir haben die Transformation vor einem Jahr gestartet und sind auf einem guten Weg, aber einige Aufgaben liegen noch vor uns. Es gibt einen klaren Plan, wie die Transformation vonstatten gehen soll, und sowohl die Investoren als auch die Mitarbeitenden glauben an die Zukunft von Xerox.
Welche Bedeutung hat der Produktionsdruck für Xerox heute noch, welcher Umsatzanteil entfällt auf diesen Bereich?
Der Druck – und hier im Speziellen der Produktionsdruck – ist und bleibt auch in Zukunft für Xerox ein wichtiges Geschäftsfeld. Konkrete Zahlen zu den Umsatzanteilen geben wir nicht bekannt. 2024 haben wir unser Portfolio gestrafft und massiv in unser Software-Angebot investiert. Mit unseren Partnern treiben wir die Technologieentwicklung gemeinsam voran. Aktuell haben wir intern ein globales Team ins Leben gerufen, das sich intensiv mit dem Produktionsdruck beschäftigt und nach neuen Geschäfts- und Anwendungsfeldern sucht. Das unterstreicht unsere Bemühungen, den Bereich Produktionsdruck weiter zu entwickeln.
Was erwartet sich Xerox durch die Übernahme von Lexmark? Glaubt Xerox – zumindest mittelfristig – an Print in einer modernen Arbeitswelt?
Wir haben den Kauf angekündigt, aber er ist noch nicht in trockenen Tüchern. Die Übernahme sollte im zweiten Halbjahr abgeschlossen sein und ist sicherlich ein zentraler Eckpfeiler in der gesamten Transformation. Xerox wird damit seine Position im Office-Printing stärken. Wie sich die Übernahme auf das Produktportfolio, die Partnerlandschaft auswirken wird, kann ich noch nicht sagen.
Aber eines ist sicher, die Übernahme wird uns helfen, den Markanteil im Office-Printing auszubauen. Und noch einmal – es ist ein starkes Zeichen, wie Xerox das Thema Printing auch im Office-Bereich sieht.
Wie sehen Sie Print grundsätzlich in einer stark digitalisierten Kommunikation? In welchen Bereichen kann Print im Mediamix punkten?
Wir sind einer der großen Player im Digitaldruck, und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Wir glauben trotz aller Digitalisierungstendenzen an Print. Das Druckvolumen ist zwar in den letzten Jahren zurückgegangen, aber gerade in einem innovativen Mediamix spielt Print auch in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle. Wir sehen, dass Print bei einzelnen Kampagnen wieder den Vorzug erhält und dass die Stärken von Print gerade im Branding und der Imagewerbung erkannt werden. Print strahlt Wertigkeit und Relevanz aus, es sticht im digitalen Overflow hervor. Das unterstreichen wir auch mit unserem Produktportfolio, in dem sich Hard- und Software-Lösungen befinden, mit denen sich die Wertigkeit von Printprodukten steigern lässt.
Mit unseren IT-Services und IT-Solutions stellen wir sicher, dass analoge und digitale Welt in einer smarten Art und Weise miteinander verbunden werden können. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird uns helfen, den Trend zur Mass Customization auch im Print abzudecken. Wichtig ist aber auch, dass wir Print als nachhaltige Kommunikationsform bei allen Stakeholdern verankern. Xerox engagiert sich hier selbst sehr stark und unterstützt gleichzeitig zahlreiche Initiativen innerhalb und außerhalb der Branche.
Gibt es digitale Produkt- und Service-Lösungen, die auch für die Druckindustrie interessant sind, um Ihr Angebot auszubauen?
Ja durchaus. Wir bieten Software-Lösungen für eine Multi-Chanel-Kommunikation an, wobei es hier nicht nur um das reine Produkt geht. Hier bringen wir uns als Know-how-Partner ein und unterstützen unsere Druckdienstleister beim Einstieg in diese neue Welt der Kommunikation. Gleichzeitig vermitteln wir der Creative Community die damit verbunden Möglichkeiten, um erfolgreiche Kampagnen zu gestalten.
CareAR und XMPie sind zwei Beispiele für konkrete Lösungen, die wir hier anbieten können. CareAR deckt das gesamte Thema Augmented Reality ab, mit dem sich eine Brücke von analoger zu digitaler Kommunikation schlagen lässt. XMPie wiederum ist schon seit vielen Jahren eine etablierte Lösung für das Multi-Chanel-Publishing. Es liefert wertvolle Informationen zur Effizienz einer Kampagne – über alle Kanälen hinweg.
Werden wir in Zukunft auch eigene Innovationen von Xerox für den Produktionsdruck sehen, oder deckt man das auch in Zukunft mit OEM-Partnerschaften wie mit Fujifilm ab?
Wir haben unsere Strategie geändert und greifen heute auf Technologien von Partnern wie etwa Fujifilm zurück. Diese ergänzen wir beispielsweise mit Tools zur Automatisierung und zur digitalen Veredelung. Wir entwickeln unsere eigene Software, um Bedienung und Service zu vereinfachen. Wir optimieren oder steigern den Output der Maschinen durch die Integration von Finishing-Modulen. Zuletzt haben wir ein Analyse-Tool vorgestellt, womit die Performance der installierten Maschinen ausgewertet und in weiterer Folge optimiert werden. Das funktioniert auch über mehrere Standorte und Länder hinweg. Wir reichern die Basis-Technologie mit unseren Entwicklungen an und schaffen so ein Xerox-Ökosystem.
Wenn ich Sie als Kunde frage, weshalb ich eine Digitaldruck-Lösung von Xerox kaufen sollte, was antworten Sie?
Ein Produkt ist ein Produkt. Ich bin davon überzeugt, dass der Service den Unterschied ausmacht. Das bestätigten uns auch unsere Kunden. Für die meisten ist die Qualität unseres Services ausschlaggebend für die finale Investitionsentscheidung. Die Qualität des Services hängt vom Personal ab. Wir können auf ein engagiertes Team mit einem umfassenden Know-how zurückgreifen – und das geht über den rein technischen Service hinaus, denn wir unterstützen unsere Kunden auch bei der Prozessoptimierung und der Produktentwicklung.
Gerade im Produktionsdruck stehen die Zeichen sehr stark auf Inkjet-Druck? Xerox war auch einmal im Produktionsdruck mit Inkjet-Lösungen vertreten. Ist dieser Zug endgültig abgefahren oder kommt da noch etwas?
Xerox verfügt über eigene Entwicklungen im Inkjet-Bereich. Wir analysieren gerade, wo und wie wir diese einsetzen werden. Xerox hält zahlreiche Patente, wir produzieren immer noch unsere eigenen Inkjet-Druckköpfe und Tinten, die in Lösungen von OEM-Partnern zum Einsatz kommen. Was wir aktuell nicht machen – eigene Inkjet-Drucksysteme bauen und verkaufen. Inkjet ist definitiv eine interessante und vielversprechende Technologie, wir schauen daher auch aktuell, wohin die Reise für Xerox gehen könnte. Wir verfügen über Druckköpfe und Tinten, und dass wir Maschinen bauen können, haben wir schon mehrfach bewiesen.
Wie betreut Xerox den österreichischen Markt? Was haben Sie sich für die kommenden Jahre in der Region vorgenommen?
Wir betreuen den österreichischen Markt mit Partnern und werden das Netzwerk gezielt erweitern, um so unsere Marktanteile zu steigern. Große Kunden, aber auch international tätige Kunden, betreuen wir nach wie vor direkt. Aber unser Fokus liegt ganz klar auf der Erweiterung unseres Partnernetzwerkes. Wir sehen einerseits Chancen, mit Partnern eine bessere regionale Marktabdeckung zu erzielen und anderseits eine Möglichkeit, spezifische Themen wie etwa Office-Printing oder Managed-Print-Services gezielt anzusprechen. Und mit dem Ausbau unserer digitalen Lösungen und Services werden wir zusätzlich auch mit Systemintegratoren zusammenarbeiten, um in neuen Marktsegmenten Fuß zu fassen.
Frau Rakia, vielen Dank für das Gespräch!
Siham Rakia
Xerox hat Siham Rakia zur neuen Geschäftsführerin für die Märkte Schweiz und Österreich ernannt. Mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in Führungspositionen in der Technologie- und IT-Branche bringt sie eine breite Expertise in den Bereichen Business Management, Digitalisierung und Kundenbeziehungen mit. Ihre Karriere umfasst Führungspositionen bei namhaften Unternehmen wie Microsoft, Dell und HP. Bei Microsoft leitete sie unter anderem digitale Transformationsprojekte für den Finanzsektor, während sie bei Dell und HP erfolgreich Geschäftsstrategien für Großkunden und öffentliche Einrichtungen umsetzte.