Gaphische Revue: Vor dem Hintergrund der anhaltenden Digitalisierung – wie siehst du die Branchenentwicklung im Verlags- und Printbereich?
Mag. Robert Plaschko: Print hat in den letzten beiden Jahren einerseits einen starken Kostenauftrieb erlebt, andererseits verzichten viele Werbetreibende aufgrund der Nachhaltigkeitsdebatte darauf. Ganz egal, ob das mit objektiven Zahlen belegbar ist oder nicht. Der breiten Öffentlichkeit klarzumachen, dass die Druckproduktion mit geringeren CO2-Emissionen verbunden ist, ist nahezu aussichtslos. Die Bilder von abgeholzten Urwäldern und rauchenden Schloten der Papierfabriken steckt ganz tief in den Köpfen der Konsumenten*innen.
Zusätzlich sind die Papierpreise in den letzten Jahren förmlich durch die Decke gegangen. Inflationsbedingt sind auch die Löhne und Gehälter stark angestiegen, was den Umstieg in die digitale Kommunikation beschleunigt hat. Im Verlagsbereich tun wir uns leichter, da wir den Content selbst erzeugen. Und letztendlich ist es egal, ob wir ihn gedruckt oder digital ausspielen.
Aber eines ist auch klar: Alles, was einmal digitalisiert wurde, bleibt auch digital. Das spiegelt sich natürlich im Papierabsatz wider. Der langfristige Trend lag über viele Jahre bei einem Minus von maximal sieben Prozent. Im letzten Jahr stürzte der Absatz bei grafischen Papieren in Europa auf etwa 25 bis 30 Prozent ab. Deshalb gehen wir von einem weiteren beschleunigten Rückgang des Marktvolumens aus. Die Frage ist, wann erreichen wir den Bodensatz?
Nichtsdestotrotz verfügen gedruckte Medien über eine hohe Wertigkeit und Glaubwürdigkeit – und das nicht nur für die Leser, sondern auch für die Werbewirtschaft. Gerade Leser von Special-Interest-Titeln legen nach wie vor großen Wert auf ein gedrucktes Magazin. Wenn man hier ausschließlich auf digitale Kanäle setzt, ist man schnell weg vom Fenster. Die Digitalisierung per se bewirkt ja auch keine Wunder.
Wenn man sich das Verhalten der »Generation Z« im Bereich der Informationsgewinnung anschaut, könnte man den Eindruck gewinnen, Print sei ein Auslaufmodell! Welche Printprodukte haben eine Zukunft?
Mag. Robert Plaschko: Es gibt Printprodukte, die sich nicht substituieren lassen. Dazu gehören Etiketten und alle Arten von Verpackungen. Wir befassen uns mit Akzidenz- und Werbedrucksachen, die seit Jahren rückläufig sind. Aber das Buch ist aus meiner Sicht ein Medium mit Zukunft. Gerade bei Kunstbüchern verzeichnen wir ein starkes Wachstum. Das Self-Publishing entwickelt sich nach den USA auch allmählich in Europa zu einem interessanten Markt. Im Special-Interest-Bereich gibt es kein großes Wachstum mehr, aber aufgrund der Größe ist es für uns nach wie vor ein attraktives Marktsegment.
Die P&V-Holding ist Teil der MTH-Gruppe, zu der die Handelsketten Libro und Pagro Diskont gehören. Die Kollegen können und wollen nicht auf Prospekte und Beilagen verzichten und erreichen damit sogar junge Käuferschichten. Online-Händler haben mittlerweile verstanden, wie man Print in die Kommunikation geschickt einbaut, etwa in Form von personalisierten Katalogen, Prospekten oder Gutscheinen, die man im Internet einlösen kann. Genau dieser Wertigkeit können sich auch junge, internetaffine Kunden nicht entziehen. Und das erkennen immer mehr Marketeers.
Wo muss Print besser werden, um sich in der Medienlandschaft zu behaupten?
Mag. Robert Plaschko: Im Wesentlichen müssen wir – wie auf allen Kanälen – die Zielgruppe mit den richtigen Botschaften ansprechen. Darüber hinaus kann Print mit seiner Haptik die emotionale Karte ausspielen. Ich glaube, das Zusammenspiel der unterschiedlichen Kanäle macht den Unterschied. Hier wird sich Print auch in Zukunft behaupten.
Es gibt zahlreiche Initiativen, die Print in einem positiven Licht darzustellen versuchen. Wie bewertest du die Lobbying-Aktivitäten für Print?
Mag. Robert Plaschko: Alle Initiativen, die Print pushen, sind positiv zu bewerten. Die Kommunikation muss fundiert und glaubwürdig sein. Ich hoffe, dass die Berichtsanforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit, die ab 2026 innerhalb der EU vorgeschrieben sind, für mehr Objektivität sorgen werden. Dann nämlich müssen Unternehmen ab einer bestimmten Größe in einem Nachhaltigkeitsbericht darstellen, wo und in welcher Größenordnung in der Lieferkette CO2-Emissionen anfallen. Ich hoffe, dass wir damit Druckprodukte punkto Nachhaltigkeit ins rechte Licht rücken können, denn auch die digitale Kommunikation verursacht CO2-Emissionen.
Wie sieht die mittelfristige Strategie der P&V-Holding aus? Noch vor ein paar Jahren sprachst du vom »Last Man Standing«. Reicht das aus, um in Zukunft erfolgreich zu sein?
Mag. Robert Plaschko: Die P&V-Holding war bis vor Kurzem in vier Geschäftsbereichen tätig, zwei davon mussten wir leider aufgeben. Den Zeitungsdruck haben wir Ende 2023 geschlossen, da die »Wiener Zeitung« eingestellt wurde und der Auftrag für den Druck der Tageszeitung »Heute« an die Mediaprint ging. Hier mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass Geschäftsmodelle endlich sind. Der Ausstieg aus dem Bildungsverlag war mit strategischen Überlegungen verbunden. In diesem Bereich haben wir als Top 5 am österreichischen Markt keine relevante und marktbestimmende Rolle eingenommen.
In den beiden anderen Bereichen, dem medizinischen Fachverlag und dem Bogen- und Digitaldruck, tun wir das sehr wohl. Mit der MedMedia und der Universimed sind wir in Österreich die Nummer 1 bzw. die Nummer 3. In der Schweiz sind wir – was uns sehr freut – mittlerweile die Nummer 4. Im Druck belegen wir gemeinsam mit der Druckerei Berger, bei einem Umsatz von 65 bis 70 Millionen Euro, den zweiten Platz. Klarer Marktführer ist die Walstead Leykam mit ihren Standorten Neudörfl und St. Pölten mit ca. 230 Millionen Euro Jahresumsatz.
Wir haben uns schon vor Jahren als strategische Konsolidierungsplattform am Markt positioniert. Mit dieser werden wir auch durch Übernahmen und Kooperationen im Druck weiterhin wachsen. Wir sind im ständigen Kontakt mit Marktbegleitern, und manchmal ergibt sich die Gelegenheit, etwas in die Gruppe zu integrieren. Daran hat sich im Wesentlichen nichts geändert. Und jetzt schauen wir, wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird, wobei uns im Vergleich zum europäischen Ausland die hohen Standortkosten zu schaffen machen.
In diesen beiden Kernsegmenten sehen wir unsere Zukunft. Gerade der gesamte Special-Interest-Markt – im Speziellen der medizinische – hat Potenzial. Die Frage in diesem Bereich ist das Thema »Digitalisierung« und wie wir unser Angebot ausbauen. Mit dem Veranstalten von Kongressen und Seminaren erschließen wir neue Einnahmequellen.
Gehören in Zukunft auch neue Geschäftsfelder im Druckumfeld dazu?
Mag. Robert Plaschko: Unser Angebot reicht schon heute von der Objekt-Fotografie bis zum klassischen Lektorat. Weitere Themen sind klassische Fulfillment-Lösungen, Lagerhaltung und Logistik. Ausgehend von unseren Kernprodukten müssen wir unser Produkt-Portfolio ausweiten. Das zeigen uns die Online-Drucker sehr gut vor. Sie bedrucken mittlerweile fast alles. Das Wachstum entsteht in Zukunft durch die Verbreiterung des Portfolios.
Was muss man mitbringen, um für die Konsolidierungsplattform interessant zu sein?
Mag. Robert Plaschko: Die Menschen und die Produkte, aber auch das Vertriebssystem müssen zu uns passen. Meistens übernehmen wir die Produktion. Der Vertrieb wird lokal fortgeführt, um die Nähe zum Kunden aufrechtzuerhalten. Mit einem starken lokalen Marktzugang ist man ein interessanter Partner für unsere Konsolidierungsplattform. Eine Verpackungsdruckerei würde aktuell nicht zu uns passen.
Wie wird sich die P&V-Holding in Zukunft im Printbereich aufstellen? Lassen sich bei diesem rückläufigen Markt die beiden Druckstandorte Bad Vöslau (Print Alliance) und Wolkersdorf (Gerin) halten?
Mag. Robert Plaschko: Die Standorte zusammenzulegen, geht sich schon alleine von der Produktionsfläche her nicht aus. Theoretisch wäre es in Bad Vöslau möglich, allerdings müssten wir dann zubauen. Die beiden Standorte sind unterschiedlich ausgerichtet. Der Fokus in Bad Vöslau liegt auf dem industriellen Bogenoffsetdruck in mittleren bis hohen Auflagen in Kombination mit einer starken Weiterverarbeitung für klebegebundene, faden- und klammergeheftete Druckprodukte.
Wolkersdorf wiederum ist stark im Poster-, Plakat- und Citylight-Druck vom XXS- bis zum XXL-Format. Mit der technischen Ausstattung im UV-Offsetdruck und im digitalen Großformat-Druck können wir ein breites und vor allem hochwertiges Produktspektrum abdecken. Das reicht von Etiketten über Displays, Mailings, Folder bis zu Katalogen. Ein weiterer Schwerpunkt sind hochwertige Bücher. Gerade das Buchsegment entwickelt sich an beiden Standorten sehr positiv, wir verbuchen sogar ein Wachstum.
Welche Herausforderungen siehst du im Vertrieb und Marketing für die einzelnen Unternehmen der Holding?
Mag. Robert Plaschko: Die Herausforderung ist, dass die Kunden viel Zeit im Homeoffice verbringen und nur schwer erreichbar sind. Der Aufwand, mit Kunden ins Gespräch zu kommen, hat deutlich zugenommen. Da haben wir bereits einiges versucht. So haben wir beispielsweise ein Studio eingerichtet, von dem aus der Vertrieb mit Kunden Projekte besprechen, koordinieren und abwickeln kann.
Die Kundenloyalität hat deutlich abgenommen, und die Compliance-Regeln machen uns das Leben auch nicht leichter. Wir überlegen uns, wie wir unseren traditionellen Vertrieb mit Innen- und Außendienst in Zukunft neu aufstellen. Die Tendenz geht in Richtung Key-Account-Management in Kombination mit einer profunden Beratungskompetenz.
Du unterrichtest auch an der Grafischen. Wie kann man Schüler und Studenten von Print so begeistern, damit sie der Branche als Mitarbeiter erhalten bleiben? Wie geht ihr grundsätzlich mit dem Thema Fachkräftemangel um?
Mag. Robert Plaschko: Ich unterrichte seit 2016 mit großer Freude an der Graphischen. Mittlerweile arbeiten an die 25 ehemalige Schülerinnen und Schüler in der P&V-Gruppe. Ich bin sozusagen das Akquisitionstool für Nachwuchskräfte. Wir bilden auch wieder Lehrlinge aus und sind auf Fachmessen präsent, um Mitarbeiter*innen direkt für uns zu gewinnen. Mit diesem Mix sind wir ganz gut aufgestellt.
Welche Eindrücke habt ihr von der drupa mitgenommen, wie werden sich diese in euren Investitionen widerspiegeln?
Mag. Robert Plaschko: Unser Schwerpunkt lag auf den Themen Künstliche Intelligenz, Digitaldruck und Robotertechnik in der Weiterverarbeitung. Wir haben jetzt nicht wirklich Neues entdeckt, nichts, das wir nicht schon kannten. Der Besuch hat uns aber in den geplanten Investitionsvorhaben bestätigt.
Es braucht beides – den Digital- und den Offsetdruck. Wir gehören schon heute mit den beiden Standorten zu den größten Digitaldruckern Österreichs. Ein Highlight ist die Produktion von Citylights im Doppelnutzen auf einer Digital-Druckmaschine mit einer Druckbreite von bis zu 3,50 Metern. Und mit einer Flachbett-Druckmaschine bedrucken wir nahezu alle Materialien – Holz, Metall, Kunststoff, Glas und vieles mehr.
Ich glaube nicht, dass der Inkjet-Druck der Weisheit letzter Schluss ist. Bei all dem Technik-Hype steht immer die Frage im Vordergrund: Mit welchen Anwendungen kann man am relativ kleinen österreichischen Markt Geld verdienen? Da sehe ich nicht wirklich Platz für Digital-Druckmaschinen im B2- oder B1-Format für die Produktion von Akzidenzdrucksorten. Bei Verpackungen mag es anders aussehen!
Robert, vielen Dank für das Gespräch!