Online-Werbeeinnahmen der Zeitungen in den USA schrumpfen

Die Wachstumsraten der Online-Werbeeinnahmen von US-Zeitungen sinken seit fünf Quartalen in Folge. In den ersten vier Monaten dieses Jahres wuchsen die Einnahmen nur noch um ein Prozent. Bei der New York Times und der Washington Post, zwei internationalen Flaggschiffen der Branche, ging der Erlös aus Online-Werbeeinnahmen im ersten Quartal 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 2,3 beziehungsweise sieben Prozent zurück, wie der Guardian berichtet. Die Rating-Agentur Moody‘s bewertet den Ausblick für die US-Zeitungsindustrie mit negativ, da die Gesamteinnahmen „unerbittlich zurückgehen“.

In den USA erlebt die Zeitungsbranche derzeit eine Konsolidierungswelle. Es werde viele Zeitungen untergehen und nur einige übrigbleiben, abhängig von Verbreitungsgebiet, Kundenstamm und anderen Faktoren. Die Zeitungen werden sich vermehrt überlegen, ob sie nur noch an guten Anzeigetagen gedruckt erscheinen“, sagt Jan Krone von der Fachhochschule St. Pölten.

In den USA kämpfen die klassischen Zeitungsverlage ohnehin schon mit größeren Problemen als ihre europäischen Pendants. Der Wandel im Mediennutzungsverhalten der Leser ist in Amerika weiter fortgeschritten als hierzulande. „Das Vertriebssystem ist ein Mitgrund für die verschärfte Situation in den USA. Während Zeitungen bei uns dank organisiertem Vertriebsnetz an jeder Trafik zu kaufen sind, ist in den USA jeder Verlag selbst für den Vertrieb verantwortlich“, so Krone.

Als Reaktion haben viele US-Publikationen Bezahlschranken eingeführt, um die bei Lesern und Werbeindustrie auf zunehmend geringeres Interesse stoßenden Papiererzeugnisse weiterhin finanzieren zu können. Einige Herausgeber haben mittlerweile sogar komplett oder teilweise aufgehört, ihre Inhalte noch zu drucken.

Die 350.000-Einwohner-Stadt New Orleans hat keine Tageszeitung in Papierform mehr. Die Entwicklungen am Leitmarkt USA können zwar nicht eins zu eins auf den heimischen Markt übertragen werden, tendenziell werden die Zeitungsverlage aber auch bei uns mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. „Österreich ist ein Sonderfall. Hier steigen die Auflagen der Tageszeitungen. Der Pro-Kopf-Papierverbrauch ist der höchste der Welt. Die Verlage forcieren trotzdem auch das Online-Geschäft und sind bis mindestens 2020 gut aufgestellt. In Deutschland gehen die Auflagen zwar seit 10 Jahren zurück, so groß wie in den USA ist das Problem aber noch lange nicht“, sagt Krone.

Die wachsenden Einkünfte aus digitaler Werbung waren für die Verlage lange Zeit ein willkommener Lichtblick in einer immer trüber erscheinenden Zukunft. Jetzt sieht es ganz danach aus, als ob sich auch diese Hoffnung in Luft auflösen wird. Durch ein digitales Überangebot an Werbeflächen, den dadurch entstandenen Preisverfall und die allgemein schwache Wirtschaftslage können die Zeitungen von den zweistelligen Online-Wachstumsraten, die sie jahrelang genossen haben, heute nur noch träumen. „Digitale Strategien sind lediglich ein Weg, die rückläufigen Einkünfte etwas abzufedern“, schreibt ein Moody‘s-Analyst.

Einige US-Experten befürchten, dass der Druck auf die Branche, die zur Einstellung etlicher Tageszeitungen geführt hat, die vierte Säule des Staates in Gefahr bringt, wie gigaom.com berichtet. Eine Zeitung, die öffentlich konsumiert, geteilt und diskutiert werde, habe einen Wert, den Online-Publikationen nicht bieten können, heißt es in dem Bericht. Eine reine Online-Zeitung wird zu einer austauschbaren Stimme unter vielen und die lokale Verankerung gehe verloren. Der öffentlich sichtbare Wachhund der Demokratie werde immer noch am besten von einer Zeitung verkörpert.

“Die Konstanz einer Tageszeitung, die in den Straßen einer Stadt aufliegt, ist für die Bevölkerung ein offensichtliches Zeichen dafür, dass da draußen jemand ist, der aufpasst“, schreibt David Carr von der New York Times. Diese Funktion könnte auch guter Online-Journalismus übernehmen, aber das kostet Geld. Verlage, die einzig daran interessiert sind, Kosten zu sparen, können nur schwer vom langfristigen Mehrwert überzeugt werden, den qualitative Berichterstattung und Identitätsstiftung für eine lokale Gemeinde bringen können. Aber Abos bei austauschbaren Medien werden schnell gekündigt.

“Die Zeitung determiniert die öffentliche Wahrnehmung über Generationen und gesellschaftliche Unterschiede hinweg. Kommt sie unter Druck, kann das zum gesellschafts- und demokratiepolitischen Problem werden“, erklärt Krone.

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