Persönlich habe ich Dr. Josef Taus dreimal zu einem Interview getroffen – das erste Mal 2006 und das letzte Mal 2019. Alle Interviews hatten eines gemeinsam – Dr. Taus überzeugte mit seinem tiefen Verständnis für die unterschiedlichsten Branchen und Industriezweige. Darüber hinaus war er ein begnadeter Netzwerker. Er war Generaldirektor der Girozentrale und legte in den 70er-Jahren die heutigen Strukturen für die ÖIAG fest. In den 80er-Jahren bestimmte er als Mitglied des Vorstands der Constantia-Industrieholding die Geschicke eines renommierten österreichischen Industriekonzerns mit.
Die 1989 gegründete MTH-Gruppe bezeichnete er als strukturiertes Konglomerat. Seine persönliche Verbindung in die Verlags- und Druckbranche lässt sich aus einem Studentenjob ableiten. »Ich war als junger Mann als Journalist bei der Wiener Zeitung und der Furche tätig. So habe ich die Druckbranche kennengelernt, die mich einfach fasziniert hat«, so Dr. Taus. Bis zuletzt war er trotz aller Tendenzen zur Digitalisierung von der psychologischen Wirkung der Printmedien überzeugt und hielt an den Verlags- und Druckaktivitäten fest.
Dr. Taus betonte bereits 2019, dass Österreich darauf achten müsse, seine mittelständische Industrie überlebensfähig zu halten. Das gelte allerdings nicht nur für die Druckindustrie. Alle Branchen befänden sich in einem tiefgreifenden Wandel, der nur gemeinsam zu bewältigt sei. Aus seinem gemeinwohlorientierten Ansatz wird auch verständlich, weshalb Dr. Taus Gewerkschaftsmitglied war. Im Laufe seiner politischen Karriere erlebte er hautnah mit, dass eine konsensorientierte Wirtschaftspolitik schon immer wesentlicher Teil der österreichischen Erfolgsgeschichte war und ist.
Josef Taus verstand sich nie als reiner Investor, sondern vielmehr als Unternehmer. Bei all seinen Aktivitäten war er nie an kurzfristig hohen Umsatzrenditen interessiert, seine Strategie war vielmehr auf langfristige Erfolge ausgerichtet. Erfolgsrezepte führte er nicht an. Wichtig sei es, die richtigen Leute an Board zu haben, Mitarbeiter, die über alle Bereiche loyal hinter dem Unternehmen stehen. Dass dies nicht nur Worthülse waren, untermauerte Dr. Taus bei der Schließung der Herold Druck und Verlag GmbH.
Nach Kündigung des Druckauftrags für die Wiener Zeitung war die Fortführung der Rotationsdruckerei wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten. Die Schließung der Druckerei wurde ordentlich abgewickelt, kein Mitarbeiter, keine Mitarbeiterin, aber auch kein Lieferant kamen zu Schaden und etwaige Schulden wurden nicht im Rahmen einer Insolvenz oder eines Konkurses auf die Allgemeinheit abgewälzt. Dr. Taus spielte zu dieser Zeit zwar keine aktive Rolle mehr in den Gremien der MTH-Gruppe und der P&V-Holding, doch er hatte seine Wertvorstellungen in der Unternehmensphilosophie verankert und mit Leben erfüllt. Da könnte sich der eine oder andere Motorradhersteller bzw. Immobilienmagnat einiges abschauen.
Zum Abschluss noch eine persönliche Anmerkung: Jedes Interview mit Dr. Josef Taus endete in einer privaten volkswirtschaftlichen Vorlesung, aus der ich jeweils viel mitnehmen konnte.
Danke, Herr Dr. Taus, es war mir eine Ehre!